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Mosambik-Austausch: 1860-Profi Richard Neudecker berichtet von sengender Hitze und prägenden Erlebnissen

Weiter geht's mit unserer Interview-Serie. Heute zu Gast: Richard Neudecker, der Profi von 1860 München war 2012 mit der Bayern-Auswahl bei unserem Sozialprojekt in Mosambik zu Gast.

Das zweite Gespräch im Rahmen unserer Interview-Serie „Von Mosambik in die Profifußball-Welt - ehemalige Auswahlspieler erzählen von ihren Erfahrungen in Afrika“ konnten wir mit Richard Neudecker führen. Der in Altötting geborene Richy ist 24 Jahre alt und spielt derzeit wieder beim TSV 1860 München, wo er 2015 den Sprung zu den Profis geschafft hat. Zuvor war er unter anderem beim VVV Venlo in der 1. holländischen Liga und dem FC St. Pauli aktiv.

 

BFV-Sozialstiftung: Hallo Richy, Du warst ja 2012 beim Austausch in Mosambik dabei, wie alt warst du damals?

Richard Neudecker: Das war vor acht Jahren, da muss ich sechzehn Jahre alt gewesen sein.

War die Reise nach Mosambik auch deine erste große Fernreise?

Ja definitiv, das hatte ich so in der Art bzw. in der Entfernung noch nie erlebt.

Und warst du auch ein bisschen nervös?

Ja klar, da habe ich mir schon Gedanken gemacht, auch so lange von meinen Eltern weg zu sein. Das war schon nicht ohne.

Und wie war das in der Klasse damals? Waren die Klassenkameraden auch etwas neidisch, dass du in den Faschingsferien nach Mosambik fliegen durftest?

Also ob sie eifersüchtig waren, weiß ich jetzt nicht mehr, aber dass ich sowas machen durfte, fanden die natürlich auch ziemlich cool.

Einen Reisebericht musstest du im Nachgang wahrscheinlich auch liefern, oder?

Ja klar, mit Bildern und allem Drum und Dran, da musste ich schon ausführlich berichten.

Wusstest du schon, bevor es losging, etwas über Mosambik oder unser Sozialprojekt vor Ort?

Ja, wir wurden natürlich schon gebrieft von unseren Betreuern. Vor der Reise wussten wir also schon, was auf uns zukommt. Aber am Ende das alles wirklich zu sehen ist natürlich eine ganz andere Hausnummer.

Hattest du denn Erwartungen vor der Reise? Und wenn ja, wie waren diese?

Ganz so große Erwartungen an die Reise hatte ich jetzt nicht. Ich wollte etwas erleben, Spaß haben und auch einfach Fußball spielen. Das war natürlich dann auch zweitrangig, es ging ja mehr darum, dass man auch das Land und die Leute kennenlernt, das hat dann schon alle Erwartungen übertroffen.

Kannst du dich noch an deinen allerersten Eindruck in Mosambik erinnern?

Also das Erste, an das ich mich erinnern kann war, als ich aus dem Flugzeug gestiegen bin und mir erstmal die Hitze entgegenkam. Das war dann eher ungewohnt. Danach kam erst der Eindruck vom Land selber. Da hast du natürlich schnell gemerkt, dass du das nicht mit Deutschland oder Europa vergleichen kannst. Das ist schon Wahnsinn wie die Menschen in Mosambik leben. Das war schon auch ein Schock im ersten Moment.

Wie war denn dann der ganze Aufenthalt für dich?

Der Schock hat sich dann natürlich auch schnell gelegt und der gesamte Aufenthalt war einfach extrem cool. So etwas in dem Alter zu erleben, dass dürfen nur die Wenigsten. Einfach mal nach Mosambik fliegen, so viele spannende Sachen machen und alles ist super organisiert. Das war schon eine Reise für`s Leben. Im Nachhinein muss man schon sagen, das war mit das coolste Erlebnis, was ich bisher hatte.

Ihr hattet damals ja auch Testspiele gegen die mosambikanische Auswahl bestritten. Weißt du noch, wie die Spiele ausgegangen sind?

Das weiß ich leider nicht mehr so genau. Ich glaube, wir haben ein Spiel gewonnen und ein Spiel ist unentschieden ausgegangen.

Kannst du dich denn noch erinnern, was die mosambikanischen Spieler so drauf hatten? Waren die euch überlegen oder eher anders rum?

Technisch und taktisch waren wir, denke ich mal, definitiv überlegen. Aber physisch waren die Mosambikaner auf jeden Fall um einiges robuster und athletischer. Ich weiß auch noch, dass die sehr, sehr schnell waren und wir haben natürlich auch in unglaublicher Hitze gespielt, die wir jetzt nicht so gewohnt waren.

Habt ihr euch auch mit den Spielern verständigen können?

Also wir haben mit den Spielern nach dem Spiel auch gegessen, aber wir konnten uns mit ihnen leider nicht unterhalten, weil wir kein Portugiesisch konnten und die auch kein Englisch sprachen. Bei den Spielen waren aber auch viele Zuschauer vor allem Kinder, denen wir dann auch unsere Trikots geben konnten und die haben sich einfach unfassbar gefreut. Das zu sehen, war schon echt toll.

Die Kinder waren mit Sicherheit sehr dankbar, richtig?

Unglaublich, auch wenn es nur eine Wasserflasche war. Die freuen sich über eine Wasserflasche, wie wir uns über ein IPhone freuen. Unglaublich!

Stimmt, es sind ganz andere Voraussetzungen und ein ganz anderes Leben in Mosambik.

Ja, auf jeden Fall!

Was habt ihr denn außerhalb vom Fußball in Mosambik noch so erlebt?

Ja, wir haben auch noch einiges erlebt, ich kann mich leider nicht mehr an alles erinnern, weil die Sachen, die wir unternommen haben, waren für mich nicht so spannend, wie die Menschen selber. Aber ich weiß noch, dass wir durch den Nationalpark gefahren sind und extrem viele Tiere gesehen haben. Das ist mit 16 natürlich auch etwas Besonderes. Wir hatten dann auch ein Hotel im Nationalpark mit so kleinen Hütten und dann waren da natürlich überall die wilden Tiere.

Also schaust du auch gerne auf die Zeit zurück?

Ja absolut! Ich will auch eigentlich mal wieder zurück. Ich habe einen Kumpel aus Mosambik, mit dem habe ich damals bei 1860 München gespielt, der sollte eigentlich auch mit. Leider hatte er sich kurz vorher verletzt und konnte deshalb nicht mit. Aber das wäre extrem cool nochmal hinzufahren, weil es auch einfach eine prägende Zeit für mich war.

Gibt es auch weitere besondere Momente, die du da herausgreifen kannst?

Ja, wenn wir da teilweise durch die Dörfer gelaufen sind und uns angeschaut haben, wie die Menschen dort leben – das war wirklich beeindruckend. Da weiß man auch zu schätzen, was wir haben und dass andere Sachen im Leben wirklich wichtig sind. Die Menschen dort waren gefühlt glücklicher als wir, aber haben nicht mal ein Viertel von dem, was wir haben. Und ich glaube, dass der BFV das sehr gut rübergebracht hat, das war schon das Prägendste.

Wir haben zum Beispiel auch Wasserflaschen bekommen und die Kinder haben sich so gefreut, wenn du denen eine Flasche gegeben hast, das war unglaublich. Das kann man sich auch nicht vorstellen, das muss man dann auch selber erleben, da bin ich auch dann ein bisschen erschrocken.

Also würdest du auch sagen, dass die Reise dir was für dein Leben gebracht hat?

Ja definitiv, wenn man sich immer mal wieder Gedanken macht über diese Reise und sich das vor Augen führt, dann hilft das schon sehr für die eigene Bodenständigkeit. Natürlich, die ersten Monate danach war das noch viel präsenter, aber auch jetzt noch, wenn man darüber nachdenkt, hilft das auf jeden Fall. Deswegen habe ich mich auch sehr über die Anfrage für das Interview gefreut.

Denkst du denn auch, dass es dir fußballerisch was gebracht hat, für deine weitere Karriere?

Rein vom taktisch, technischen jetzt nicht. Aber um zu realisieren, dass Fußball mehr ist als nur gegen den Ball zu kicken und irgendwie Geld zu verdienen, hat die Reise enorm geholfen. Einfach zu verstehen, dass der Fußball den Menschen so viel mehr geben kann. Auch eben solche sozialen Projekte über den Fußball zu entwickeln, fand ich jetzt für mich persönlich extrem interessant. Das der Fußball einem viele Wege eröffnet, war für mich auch einfach eine wichtige Erkenntnis.

Wie hat sich denn deine Wahrnehmung gegenüber Mosambik nach dem Austausch verändert? Oder wurden eventuelle Vorurteile auch durch die Reise widerlegt?

Ich bin mit dem Gedanken dahingefahren, dass Mosambik ein sehr armes Land ist, dass hat sich auch bestätigt. Aber diese liebevolle Art der Menschen hat mich einfach überwältigt. Zu sehen, wie nett und hilfsbereit die Menschen dort sind, war beeindruckend.

Würdest du es denn empfehlen, diesen Austausch auch wieder ins Leben zu rufen?

Klar, auf jeden Fall. Wie gesagt, für mich war es einfach eine sehr, sehr prägende Reise. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese machen durfte. Ich glaube, dass man da durch den Fußball auch wieder was verbinden kann und es hilft in meinen Augen jedem, der an so einem Austausch beteiligt ist. Sei es die Mannschaft, sei es die Trainer, sei es der BFV oder eben die Mosambikaner. Deswegen bin ich ganz stark dafür.

Wie hast du denn das BFV-Projekt vor Ort wahrgenommen? Habt ihr die Schulen damals auch besucht?

Ja, die haben wir auch besucht. Das war auch richtig cool, wir haben dann auch alle miteinander gesungen und die Schüler*innen haben etwas aufgeführt, das war sehr schön.

Was war denn für dich das außergewöhnlichste Erlebnis während der Reise?

Wenn ich an diese Reise denke, denke ich immer genau an ein Ereignis. Ich hatte eine Wasserflasche, die ich einem Kind in die Hand gegeben habe und das hat mich angeguckt, als würde ich ihm gerade die Sonne geben. Das war unfassbar. In dem Moment weißt du wirklich nicht, was du sagen sollst. Das war schon heftig. Ein Moment, den ich nicht vergessen werde.

Hast du vielleicht noch ein Programmheft oder ein Foto, dass du als Erinnerung aufgehoben hast?

Ich glaube, ich habe auf jeden Fall noch Bilder. Meine Mutter müsste bestimmt noch was haben, die hebt immer etwas auf. (lacht)

Super, vielen Dank für das angenehme und interessante Gespräch, Richy. Wir wünschen dir viel Erfolg für die Zukunft und bleib‘ gesund!

(Bild: Ulrich Gamel)